7. Методические материалы для КСРС
Text 1
Gegen den Missbrauch der Television
Kinder können nicht dafür getadelt werden, dass sie heute so unendlich viel Zeit vor dem Fernseher verbringen. Es ist eben nicht ihre Schuld, wenn ihre Welt durch das Fernsehen verfalscht wird. Und es ist unwahrscheinlich, dass es sich zu einem akzeptablen Medium für die Sozialisierung von Kindern wandelt.
Ich würde es anders ausdrücken. Eben so sehr, wie das Fernsehen derzeit eine Kraft für das Schlechte ist, könnte seine Kraft für das Gute sein. Allerdings, dies ist wenig wahrscheinlich. Der Grund liegt darin, dass es ausserordentlich schwierig ist überhaupt eine kulturelle Kraft für das Gute zu werden. Schlichter gesagt: es ist einfacher, Leute zu finden, die täglich zwanzig Stunden durchschnittlichen oder schlechten Stoff produzieren als eine oder zwei Stunden gute Qualität. Um so schwerer ist es, Programme zu gestalten, die zwanzig Stunden pro Tag ebenso attraktiv wie qualitative hochstehend sind. Je mehr Fernsehstationen und Programme zugelassen werden, desto schwieriger ist es, Profis zu gewinnen, die sowohl interessante als auch wertvolle Sendungen produzieren können.
Diese dem Fernsehmedium innewohnende Schwierigkeit ist die Quelle des Verfalls. Das Niveau ist gesunken, weil die Fernsehsender immer häufiger minderwertigen und bloss sensationellen Stoff produzieren, um das Publikum an sich zu binden. Aber sensationeller Stoff ist schwerlich auch guter Stoff.
Ebenso gravierend ist für mich ein anderer Aspekt: Es gibt zu viele konkurrierende Fernsehsender. Warum stehen sie im Wettbewerb? Natürlich um möglichst viele Zuschauer zu locken, was sicher kein erzieherisches Ziel darstellt. Diese Sender wetteifern nicht darum, wer die besseren Programme mit solider moralischer Qualität herstellt, und sie konkurrieren wohl auch nicht um die Programme, die den Kindern eine Ethik der Lebens vermitteln.
Was sollen wir also tun? Ein Rückblick auf die Geschichte der Fernsehens zeigt, dass es in den ersten Jahren seiner Entstehung durchaus qualitative abspruchsvoll war. Es gab gute Filme und interessante Themen – auch deshalb, weil es in der Grunderzeit kaum Wettbewerb gab und die Nachfrage klein war. Folglich war auch die Auswahl bei den Produktionen sorgfältiger. Es war auch ja immer das erklärte Ziel der Demokratie, das Bildungsniveau zu heben.Statt dessen hat das populistische Prinzip “Leuten das zu bieten, was die Leute sehen wollen” zur Folge, das man dem Publikum immer schlechtere Sendungen anbietet, die dann nur deshalb akzeptiert werden, weil man sie mit Pfeffer und Gewürzen, sprich Gewalt, Sex und Sensationen anreichert. Je intensiver man diese Mittel anwendet, desto mehr werden die Menschen dazu erzogen, nach immer stärkeren Dosierungen zu verlangen.
Dies ist auch die primitivste Methode, Publikumsreaktionen zu provozieren: Man sucht nicht mehr nach komplexen Lösungen; es reicht schon, eine Dosis Pfeffer zu nehmen und diese in die Programme zu streuen. Genau so läuft es, seit es das Fernsehen gibt. Immer stärkere Gewürze auf das Essen, weil das Essen_schlecht ist. Mit immer mehr Salz und Pfeffer wird versucht, Ungeniessbares schmackhaft zu machen.
Nun gibt es mittlerweile eine signifikante Zahl von Kriminellen, die zugibt, bei ihren Taten vom Fernsehen inspiriert worden zu sein.
Erziehung ist etwas, was das Umfeld eminent beeinflusst. Alles hängt vom Umfeld ab. Nun ist das Fernsehen Teil des Umfeldes der Kinder – ein Teil, für den wir verantwortlich sind, das es sich um einen Teil jenes Umfeldes handelt, den der Mensch gestaltet und von dem er gepragt wird. In meinem Leben habe ich mich lange mit der Erziehung befasst. Ich habe viel gelernt im Umgang mit den schwierigsten Schicksalen; sie kamen fast immer aus Häusern, wo Gewalt herrschte. Meistens handelt es sich um Gewalt von Vätern gegen Mütter dieser Kleinen. Im allgemeinen waren diese Väter alkoholisiert und zerstörten mit ihrer Gewalt das ganze Familienleben. Das war die typische Art, mit der das Umfeld unglücklicher Kinder von Gewalt beeinflüsst wurde.
Heutzutage ist die Gewalt in den Familien ersetzt, ja ausgeweitet worden durch die Gewalt auf dem Bildschirm. Dadurch wird sie dem Kind während mehrerer Stunden am Tag vor Augen geführt. Dieser Punkt, und das möchte ich aus der Erfahrung sagen, ist entscheidend: Das Fernsehen produziert Gewalt und trägt sie auch dorthin, wo sonst keine wäre.
Kommen wir zu der Frage, was zu tun ist. Viele sagen, man könnte nichts machen, weil Zensur unvereinbar ist mit der Demokratie. Mein Vorschlag berüht auf dem Ärztemodell. Ärzte werden von ihren Standesorganisationen mit einer durchaus demokratischen Methode kontrolliert. Ärzte haben eine grosse Macht über Leben und Tod ihrer Patienten. Eine Macht, die notgedrungen einer Kontrolle unterstellt werden muss.
In allen zivilisierten Ländern gibt es Organisationen, mit der die Ärzte sich selber kontrollieren, und es gibt Gesetze des Staates, welche die Aufgaben dieser Organisationen exakt vorschreiben. Deshalb schlage ich vor, dass der Staat eine ähnliche Organisation schafft für all jene, die in der Fernsehproduktion tätig sind.
Diese konstante Überwachung ist viel effizienter, als die Zensur, auch weil die Lizenz erst nach Ausbildung und Examen ausgehändigt werden dürfte. Eines der Hauptziele dieser Ausbildung wäre, den zükunftigen Fernsehen-Verantwortlichen klar zu machen, dass sie nolens volens in Bildungsprozesse eingebunden sein werden, die die ganze Bevölkerung betreffen. Dessen müssten sich alle bewusst werden, die es mit dem Fernsehen zu tun haben. Denn recht betrachtet, handeln sie wie Erzieher, weil das Fenrsehen seine Die Lizenz, so wie ich sie mir vorstelle, setzt ein Examen voraus, in dem die Kandidaten beweisen müssen, dass nicht nur den Stoff gelernt haben, sondern auch, dass sie sich ihrer Verantwortung gegenüber dem Publikum bewusst sind. Und sie müssen versprechen, dieser Verantwortung treu zu bleiben und entsprechend zu handeln. Wer Fernsehen macht, muss wissen, was es verhindern muss.
Fernsehen ist für die Demokratie eine zu starke Macht geworden. Keine Demokratie kann überleben, wenn dem Machtmissbrauch des Fenrsehens kein Ende gesetzt wird. Zur Zeit ist der Missbrauch offenkündig. Eine Demokratie kann nicht existieren, wenn man das Fernsehen nicht unter Kontrolle stellt. Dies sage ich, weil sich auch die Feinde der Demokratie noch nicht voll und ganz der Macht des Fernsehens bewusst sind. Wenn sie sich dessen aber ein Mal richtig bewusst geworden sind, werden sie es benutzen, auch in den gefährlichen Situationen. Dann aber wird es schon zu spät sein.
Aufgabe 1. Beantworten Sie die Fragen zum Text.
1. Welche Aufgaben hat das Fernsehen?
2. Warum stehen die Fernsehsender im Wettbewerb?
3. Womit vergleicht der Autor ein Fernsehprogramm?
4. Was versteht der Autor unter dem Umfeld eines Menschen?
5. Welcher Ausweg wird im Artikel vorgeschlagen?
6. Braucht der Staat die Kontrolle über dem Fernsehen?
7. Was soll das Fernsehen erziehen?
Aufgabe 2. Analysieren Sie alle Prädikate im folgenden Absatz.
1 Heutzutage ist die Gewalt in den Familien ersetzt, ja ausgeweitet worden durch die Gewalt auf dem Bildschirm. 2. Dadurch wird sie dem Kind während mehrerer Stunden am Tag vor Augen geführt. 3. Dieser Punkt, und das möchte ich aus der Erfahrung sagen, ist entscheidend: Das Fernsehen produziert Gewalt und trägt sie auch dorthin, wo sonst keine wäre.
Aufgabe 3. Übersetzen Sie den Satz ins Russische, bestimmen Sie den Art der Nebensatze.
Die Lizenz, so wie ich sie mir vorstelle, setzt ein Examen voraus, in dem die Kandidaten beweisen müssen, dass sie nicht nur den Stoff gelernt haben, sondern auch, dass sie sich ihrer Verantwortung gegenüber dem Publikum bewusst sind.
Aufgabe 4. Übersetzen Sie ins Deutsche:
1) Одна из главных задач
2) Одна из самых интересных программ
3) Одно из сложных правил
4) Одно из моих предложений
5) Один из его противников
6) Один из членов комиссии
Aufgabe 5. Finden Sie Synonyme zu folgenden Wortern.
a. primitiv-
b. signifikant –
c. attraktiv
d. konstant –
e. gravierend
f. kolossal –
g. inspirieren –
h. alarmieren –
i. der Experte –
j. die Kompetenz –
k die Lizenz
Aufgabe 6. Äussern Sie Ihre Meinung zu folgenden Aussagen:
1. Das Fersehen ist eine der besten Erfindungen unserer Zeit.
2. Die Kinder ersetzen immer mehr das Lesen durch Fensehen, sie brauchen die Bücher nicht mehr, weil sie fast alle verfilmt worden sind.
3. Das Fernsehen hilft uns auf allen Gebieten auf dem Laufenden zu sein.
Text 2
Wenn die Scham verlorengeht
Getalkt wird im offentlich-rechtlichen Fernsehen schon seit über zwanzig Jahren. Inzwischen sind die Schamgrenzen aller Beteiligten gesunken. In welchen Kanal auch immer der nachmittägliche oder abendliche Zuschauer zappt, unweigerlich stösst er auf den Bekenntnisdrang der Talkshow-Teilnehmer, die offenbar darin Trost finden, dass sie in ihrem ganzen Elend wenigstens für ein paar Minuten interessant gewesen sind.
Häufig entstehen die Situationen, in denen die Eitelkeit siegt und ein Gast sein Intimes nach aussen kehrt, sich der Demütigungen des geschickt fragenden Moderators nicht mehr erwehren kann und schon gar nicht wagt, den einzigen Satz auszusprechen, der ihn aus dieser selbstverschuldet misslichen Lage befreien könnte: dass das schliesslich alles niemanden angehe.
Statt dessen lassen sich die Teilnehmer von Moderatoren verführen, die ihnen vorgaukeln, dass eine derart entwürdigende Selbstentblössung irgendwie eine heilsame oder heiligende Wirkung haben könnte. Offenbar sind Teilnehmer wie Zuschauer auf der Suche nach Orientierung und seelsorgerischen Angeboten, die sie nicht mehr in der Kirche und auch nicht auf der Couch eines Therapeuten finden wollen. Erst wenn der Rausch des Auftritts verflogen ist, wird so manchem klar, wie lächerlich er in der Öffentlichkeit gemacht wurde. Es folgt nicht selten eine tiefe Depression.
In Wirklichkeit dient der Seelen-Striptease freilich nur der Einschaltquote.
Den deutschen Fernsehkonsumenten werden gegenwärtig mehr als sechzig Talkshows mit wöchentlich über 130 Stunden Fernseh-Talk geboten. Hinzu kommen 30 Stunden amerikanische Talkshows auf den Kabelkanälen. Bei den Nachmittagssendungen geht es vor allem um Partnerschaft und Familie, das am zweithäufigsten behandelte Thema ist die Sexualität, dann kommen Gesundheit und Schwierigkeiten am Arbeitsplatz.
Gewiss ist es richtig, dass der Fernseh-Talk einsame Menschen am Leben anderer teilnehmen lässt, aber es sei eben keine direkte Teilhabe im Sinne eines Mitfühlens irgendeiner noch so schwachen Sympathie, sondern ein achselzuckendes „Was es nicht so alles gibt“.
Je weniger das Gerede mit dem angekündigten Thema zu tun hat, desto grösser ist die Zielgruppe, desto sicherer erfüllt sich die Quote. Wirkliches Verständnis oder gar Toleranz werden nicht geweckt. Andere Anschauungen werden nach dem Zufallsprinzip bewertet oder abgewertet. Es geht nur vordergründig um Themen und Probleme. Je mehr die Darsteller überzeugen, desto unwichtiger werden die Inhalte. Jeder inszeniert sich selbst, und niemand hört auf den anderen. „Schön, dass wir drüber geredet haben. Passen Sie gut auf sich auf. Morgen sehen wir uns wieder“, pflegt Pastor Fliege dann zu sagen und erteilt auf diese Weise seinen leeren Fernsehsegen.
Moderne Gesellschaften scheinen zunehmend die alte bürgerliche Unterscheidung von privat und öffentlich aufzuheben. Diese Tyrannei medial inszenierter Intimität mag man beklagen, billiger Moralismus hilft jedoch nicht. In der Talkshow werden alle sozialen und gesellschaftlichen Ereignisse zu einem privaten Erlebnis. Leute, die früher beim Kaffeklatsch der Nachbarin, am Gartenzaun oder im Tante-Emma-Laden über andere herzogen, sitzen jetzt auf den Pluschsofas der Talkshows.
Sie pflegen dort nicht etwa den öffentlichen Meinungsaustausch mündiger Bürger. Denn nur die allerwenigsten Showteilnehmer sind imstande, die Regie der Talkmasters durchzubrechen. Den meisten scheint nichts als die blinde Unterwerfung zu bleiben. Denn schliesslich geht es in erster Linie um den Talkmaster selbst, der die Gäste für seine Zwecke instrumentalisiert. Die Geladenen beteiligen sich an dem Wettbewerb, der die intimsten Geheimnisse am geschicktesten öffentlich macht.
Die mediale Beichte unterliegt keiner Sozialkontrolle und wird auch sonst nicht kritisiert. Sie wird bewundert und beklatscht und nicht mit unbequemen Ratschlägen beantwortet. In der scheinbarer Toleranz der Fernseh-Talk-Gesellschaft spiegelt sich nichts anderes als abgrundtiefe Gleichgültigkeit. Aufgelöst ist die Spannung zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Wahrheit und Lüge und daher auch die Grenze zwischen Öffentlichem und Privatem. Scham ist ein altertümliches Wort. Sie diente einst dem Schutz vor Übergriffen auf das eigene Innenleben. Ist mit dem Wort auch der Schutz verschwunden?
Aufgabe 1. Beantworten Sie die Fragen zum Text.
1. Sehen Sie gern Talkshows? Was gefällt Ihnen daran? Was nicht?
2. Was ist die Aufgabe eines Moderators?
3. Was ist das Ziel einer Talkshow?
4. Was gefällt den Menschen an den Talkshows?
5. Nennen Sie einige Themen der bekannten Talkshows und bewerten Sie sie.
Aufgabe 2. Übersetzen Sie und analysieren Sie den folgenden Satz. Bestimmen Sie die Art der Nebensätze.
In welchen Kanal auch immer der nachmittägliche oder abendliche Zuschauer zappt, unweigerlich stlösst er auf den Bekenntnisdrang der Talkshow-Teilnehmer, die offenbar darin Trost finden, dass sie in ihrem ganzen Elend wenigstens für ein paar Minuten interessant gewesen sind.
Aufgabe 3. Übersetzen Sie folgende Sätze.
1. Moderne Gesellschaften scheinen zunehmend die alte bürgerliche Unterscheidung von privat und öffentlich aufzuheben.
2. Den meisten scheint nichts als die blinde Unterwerfung zu bleiben.
3. Казалось, от волнения он не может произнести ни слова.
4. Мне кажется, что он придет.
5. Все эти люди собрались здесь, кажется, для того, чтобы поделиться своими заботами с другими.
Aufgabe 4. Finden Sie im Text alle Sätze mit dem Verb “lassen” und übersetzen Sie diese ins Russische.
Aufgabe 5. Übersetzen Sie ins Deutsche folgende Sätze.
1. Эти слова не подлежат огласке.
2. Его приказ не подлежал обсуждению.
3. Ее действия не подлежали сомнению.
Text 3
VON DER SCHWIERIGKEIT, DEUTSCH ZU LERNEN
Schon morgens um acht ist in der Klasse 4c von Schläfrigkeit nichts mehr zu spüren. Schließlich machen sich neue Keerdana, Thurkadevi, Angela, Betül, Onur, Hassan und Nicolas mit Emil Tischbein auf eine wundersame Reise. Die Kinder sitzen im Kreis, das Buch "Emil und die Detektive" auf den Knien,: Keerdana liest vor: Da ist die Rede von wunderlich hohen Häusern, die man am Himmel festbinden muss, damit sie nicht weg wehen, von schnaufenden Herren und häklenden Damen in Zugabteilen. Schnaufen? Häkeln? Was heißt das denn, fragt Hassan dazwischen. Onur weiß es auch nicht. Aber Nicolas. Schwer atmend und gestikulierend stellt er sich in die Mitte des Kreises und macht vor, was diese merkwürdigen Wörter bedeuten
In der 4c an der Berliner Schwielowseeschule spricht weniger als die Hälfte der Schüler von Kindesbeinen an Deutsch. Ihre Eltern kommen aus Sri Lanka, Jugoslawien, Pakistan, Rumänien,, häufig aus der Türkei. Doch während Keerdana Deutsch viel besser als Tamischil kann, fühlt sich Betül im Türkischen mehr zu Hause.
Der Anteil von Kindern "nichtdeutscher Herkunfssprache", wie es im Behördendeutsch heißt, erreicht in vielen Großstädten mittlerweile 50, gar 80 Prozent. Und viele Sprößlinge der dritten Migrantengeneration sprechen so schlecht Deutsch, dass sie dem Unterricht nicht folgen können.
Während sich die Niederlande längst sich für die Zweisprachigkeit entschieden haben; gibt es hierzulande kein einheitliches Konzept für die Sprachvermittlung. Grob gesehen stehen drei Modelle zur Auswahl:
Unterrichtet wird nur in Deutscher Sprache, ausländische Kinder erhalten aber zusätzlich Förderunterricht.
Die Kinder ausländischer Herkunft lernen zunächst einmal nur ihre Herkunftssprache, werden dann erst sukzessive an die Mehrheitssprache herangeführt.
Ausländische Kinder werden simultan in der Herkunftssprache und der deutschen Sprache alphabetisiert.
In den siebziger Jahren waren sich die deutschen Bildungspolitiker darin einig, dass man zuerst und ausschließlich die deutschen Sprachkenntnisse der Migranten fördern müsse. Doch in den achtziger Jahren fordert eine Gruppe von Wissenschaftlern, bevorzugt die muttersprachlichen Kenntnisse der ausländischen Kinder zu fördern.
Die einzelnen Bundesländer wählen unterschiedliche Strategien. Niedersachsen und Bremen bieten zusätzlich zum Unterricht in deutscher Sprache muttersprachlichen Unterricht an. Nordrhein-Westfalen setzt zudem in einem Teil des Unterrichts auf Team-Teaching — eine deutsche und eine türkische Lehrkraft unterrichten gemeinsam.
Mischformen überwiegen heute in der Bundesrepublik. So wurde das Konzept reiner Ausländerklassen in Berlin bereits 1992 abgeschafft, weil man sie für wenig integrationsfördernd hielt.
Auch die Idee, Einwandererkinder mit Bussen zu Schulen in Bezirke mit einem geringen Ausländeranteil zu fahren, scheiterte Anfang der achtziger Jahre — sowohl deutsche als auch türkische Familien lehnten das Modell ab. Sein Effekt war zudem äußerst bescheiden, beschränkte sich der Kontakt mit deutschsprachigen Schülern doch auf den Schulbesuch am Vormittag.
Ohnehin befürworten türkische Eltern meist einen einsprachigen, und zwar, deutschen Unterricht. Weswegen die zweisprachige Alphabetisierung an der Schwielowseeschule in Berlin freiwillig ist. Zweisprachige Alphabetisierung bedeutet hier: Türkischunterricht fünf zusätzlichen Stunden pro Woche, dazu sieben Stunden deutsch-türkischer Kooperationsunterricht mit der ganzen Klasse und einer deutschen und einer türkischen Lehrkraft.
Im "Koop-Unterricht" geht es vor allem um Sprachvergleiche — die Schüler sollen ein Verständnis für die Struktur der anderen Sprache bekommen, es wird nicht nur Deutsch, sondern zur Erklärung auch türkisch gesprochen. "In den Koop-Stunden erleben die Schüler türkischer Herkunft
endlich mal, dass ihre Sprache anerkannt wird. Und durch den muttersprachlichen Unterricht erweitern sie Wissen und Wortschatz in Türkisch", sagt Schulleiterin Marion Dieselberg. "Und wer fit ist in der Muttersprache, dem fällt auch die Zweitsprache leichter".
In der Tat: Viele Linguisten bestätigen genau diese beiden positiven Effekte einer zweisprachigen Alphabetisierung, die Stärkung der Identität und die bessere Sprachentwicklung. Denn wer einmal die Sprache gelernt habe, könne das Wissen auf andere Sprachen übertragen.
Ablehnend wird heute allerdings die Reinform des Modells, das der kanadische Wissenschaftler James Cummins entwickelt hat. Er schlug vor, die Schüler zunächst nur in ihrer Herkunftssprache zu unterrichten.
Aber auch die zweisprachige Variante, bei der nicht erst Türkisch und dann Deutsch gelehrt, sondern beides parallel gefördert wird, funktioniere nur.unter ganz bestimmten Bedingungen, meint Brigitte Berendt, Leiterin einer Berliner Grundschule mit 85 Prozent Schülern nichtdeutscher Herkünftssprache: "In unserem Milieu als sozialer Brennpunktschule war das nicht machbar. Denn die Schüler waren auch im Türkischen so schwach, dass sie quasi zwei Sprächen von Grund auf neu lernen mussten".
Verwirrend also sind die Antworten auf die Frage, wie man ausländische Kinder so unterrichtet, dass sie die deutsche Sprache möglichst gut und schnell erlernen. "Man kann einfach nicht sagen, was der beste Weg ist", sagt einer der Sprachwissenschaftler.
Unumstritten ist heute nur, dass Schüler, die zweisprachig aufwachsen, mehr kognitive Kompetenzen entwickeln. Deshalb kritisiert man, dass die Zweisprachigkeit bei Migranten immer nur unter dem Blickwinkel eines Defizits gesehen wird. "Ihre Vielsprachigkeit ist ein enormes Potential, das viel mehr ausgeschöpft werden müsste".
Davon können auch die deutschen Schüler profitieren, sagt eine Professorin an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg: "Die Schüler lernen dabei nämlich viel über Sprachstrukturen.
Diese Professorin hat ein preisgekröntes Modellprojekt entwickelt, das zum Beispiel in Nürnberg umgesetzt wurde. Dabei ist Deutsch zwar Unterrichtssprache, doch die Schüler werden ermutigt, von ihrer Sprache und Kultur zu erzählen, und zwei Stunden in der Woche gibt es im Teaching deutschtürkischen Unterricht.
"Wenn Schüler erfahren, dass ihre Sprache geschätzt wird, werden sie schnell besser", stellte die Professorin fest. Sie fühlen sich sicherer und nehmen dann auch mehr am Unterricht teil.
Der bornierte Blick auf die Defizite der Schüler nicht deutscher Herkunft verstelle den Blick für die Fähigkeiten dieser Kinder, darauf weisen Pädagogikwissenschaftler immer wieder hin. Unter diesen Kindern gibt es genauso viele Topschüler wie unter den deutschen, intelligent und lernbereit - sie haben nur ein Sprachproblem.
Aufgabe 1. Beantworten Sie die Fragen zum Text.
Wie erlernen die türkischen Kinder die deutsche Sprache in dieser Schule?
Wie verhalten sich die Eltern zu den angebotenen Varianten?
Warum scheiterte die Idee, Einwandererkinder mit Bussen zu Schulen in Bezirke mit einem geringen Ausländeranteil zu fahren?
Welche Varianten der Sprachvermittlung bieten verschiedene Bundesländer an?
Aufgabe 2. Was versteht man unter dem Förderunterricht?
Aufgabe 3. Bilden Sie Substantive von folgenden Adjektiven:
intelligent –
lernbereit —
ausländisch —
einheitlich —
muttersprachlich —
aktiv –
erfolgreich –
schwierig –
klassisch –
stark –
Aufgabe 4. Formen Sie die Satzglieder mit Präposition bei in Nebensätze mit Konjunktion wenn oder als um!
1) Bei meiner Ankunft in München wurde ich von meinem Freund begrüßt.
2) Das Kind macht beim Sprechen noch viele Fehler.
3) Beim Verlassen der Schule überraschte uns ein Regenschauer.
4) Ich habe beim Aussteigen aus dem Bus einen Handschuh verloren.
5) Bei einer Reise ins Ausland muss man ein gültiges Visum haben.
6) Beim Lesen des Buches kann ich auch Musik hören.
Aufgabe 5. Nennen Sie drei Grundformen der Verben:
festbinden- gestikulieren - unterrichten - heranführen - alphabetisieren -
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bevorzugen — vorziehen— leichtfallen — bestätigen — aufwachsen —
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Aufgabe 6. Übersetzen Sie folgende dass-Sätze ins Russische.
Und viele Sprößlinge der dritten Migrantengeneration sprechen so schlecht Deutsch, dass sie dem Unterricht nicht folgen können. In den siebziger Jahren waren sich die deutschen Bildungspolitiker darin einig, dass man zuerst und ausschließlich die deutschen Sprachkenntnisse der Migranten fördern müsse. In den Koop-Stunden erleben die Schüler türkischer Herkunft endlich mal, dass ihre Sprache anerkannt wird. Verwirrend also sind die Antworten auf die Frage, wie man ausländische Kinder so unterrichtet, dass sie die deutsche Sprache möglichst gut und schnell erlernen. Wenn Schüler erfahren, dass ihre Sprache geschätzt wird, werden sie schnell besser.
Text 4
Allgemeine Hochschulreife erst nach der 13. Klasse
Haben Abiturienten überhaupt Ahnung vom Berufsalltag?
Hildesheim. Klassische Musik vom Schulorchester, feierliche Kleidung der rund 200 Gäste, engagierte Festreden – auf dem Gymnasium Josephinum weiss man das Abitur feierlich zu feiern. Nur Hausherr Bischof Josef Homeyer fasste sich kurz: „Bleibt wie ihr seid oder werdet noch ein bisschen besser“, gab er den 18- bis 20-jährigen mit auf den Weg.
War es unbewusst oder ein Wink fürs Leben? Auf jeden Fall traf der Kirchenvater den Nagel auf den Kopf. Denn: Das Abitur hat seinen Glanz verloren. Heute kritisieren Professoren die mangelnde Studierfähigkeit der Gymnasial-Abgänger. Auch Personalchefs berichten von Einser-Abiturienten, deren Deutschkenntnisse ebenso zu wünschen übrig lassen wie die der Fremdsprachen. Die Hochachtung der Unternehmen vor akademischen Titeln hält sich in Grenzen.
Die 84 Prüflinge des altehrwürdigen Gymnasiums Josephinum in Hildensheim können einen Notendurchschnitt von 2,36 vorweisen. Das ist landesweit ausserordentlich gut. 19 mal steht eine Eins vor dem Komma, vier Abiturienten haben sogar eine 1,0.
Lange Studienzeiten, überfüllte Hörsäle, eine Abbrechquote nahe 30 Prozent, Frust bei Lehrenden und Studierenden. Obwohl Deutschlands Universitäten ihren Aufgaben in Forschung und Lehre kaum noch gerecht werden können, will trotzdem auch der grösste Teil der Josephiner den Sprung auf die Hochschule wagen.
Ausbildung statt grauer Theorie
Einige ziehen der langen Theorie erst eine fundierte Berufsausbilding vor, fast alle wollen in die kaufmännischen Bereiche. Laut einer Langzeitstudie der Hochschul-Informations-System GmbH in Hannover halten diese doppelt Qualifizierten ihre Ausbildung für den optimalen Weg. „Ich mache eine Lehre zum Bankkaufmann. Mit dem Basiswissen werde ich dann Wirtschaftswissenschaften oder Betriebswirtschaft studieren“, plant Marcel Ditte (20).
Lean Produktion: Böhmische Dörfer
Mit aktuellen Schlagwörtern wie „Lean Production“, „Standortdebatte“ oder „Gruppenarbeit“, die heute zum Einmaleins in der Wirtschaft gehören, wissen er und seine ehemaligen Mitschüler jedoch wenig anzufangen. „Das haben wir zwar mal gehört“, geben sie offen zu, „doch davon haben auch die Lehrer keine Ahnung“. Erahnen können sie auch höchstens, wie ihr späterer Berufsalltag aussieht. Nur in der 11. Klasse haben sie mal einen Betrieb von innen gesehen. Und ein Praktikum konnten sie ausschliesslich in einer sozialen Einrichtung wie im Kindergarten, Pflegeheim oder Krankenhaus absolvieren – so wollte es die Schule.
Die wird ihre Abgänger wohl auch in Zukunft erst nach der 13. Klasse mit der allgemeinen Hochschulreife entlassen. Das hilft dem Standort Deutschland jedoch nicht weiter. Denn ein deutscher Absolvent startet im Schnitt erst mit 27,9 Jahren ins Berufsleben. Bis dahin liegt er den Eltern und/oder dem Staat auf der Tasche. Ex-Studenten aus den USA fangen mit 25,5 Jahren an, Geld zu verdienen, die aus Grossbritannien sogar schon mit 22,8 Jahren.
1,8 Millionen Studenten drängen sich mittlerweile in Deutschland auf knapp 900.000 Studienplätzen. In der Flut ertrinkt jedoch die Qualität der Bildung. Andererseits bleiben zu viele Lehrstellen leer, obwohl sie glänzende Berufs- und Einkommenchancen versprechen.
Weil das Signet „Made in Germany“ seinen Glanz den gut ausgebildeten Facharbeitern verdankt, will Simone Schreiber (20) von der Hochschule nichts wissen: „Ich werde Goldschmiedin. Studieren hat doch keine Perspektive.“
Aufgabe 1. Was ist besser – ein Studium oder eine Berufsausbildung? Welchen Standpunkt vertritt der Verfasser des Artikels? Mit welchen Argumenten versucht er die Leser zu überzeugen?
Aufgabe 2. Was müsste nach Ansicht des Verfassers am deutschen Bildungswesen geändert werden.
Aufgabe 3. Lesen Sie die folgenden Überschriften:
a) Später Studienabschluss durch vorherige Berufsausbildung bzw. Wehr-/Zivildienst.
b) Verlängerung der Studienzeiten durch schlechte Studienbedingungen.
c) Einschulungsalter und lange Schulzeit verantwortlich für späten Studienbeginn.
d) Längere Studienzeiten aus finanziellen Gründen.
Aufgabe 4. Die Überschriften werden nachfolgend kurz erläutert. Schreiben Sie über jede Erläuterung die passende Überschrift.
1___________________________________________________________
Die wachsende Zahl der Studenten hat in den letzten Jahren zu einer Überfüllung der Hochschulen geführt, da die Hochschulen nicht im gleichen Masse mitwuchsen. Statistisch gesehen müssen sich gegenwärtig zwei Studierende einen Studienplatz teilen. Die Studienbedingungen sind daher nicht immer ideal. Dies führt oft zu einer Verlängerung der Studienzeiten.
2____________________________________________________________
Das Studium an den deutschen Hochschulen ist zwar gebührenfrei, aber trotzdem nicht billig. Steigende Lebenshaltungskosten (und hier vor allem hohe Mieten in Universitätsstädten) stellen viele Studenten vor erhebliche Probleme. Sie finanzieren ihren Lebensunterhalt entweder mit Hilfe der Eltern und/oder einer staatlichen Ausbildungsbeihilfe (BaFoG). Doch oft reicht dieses Geld nicht, so dass sie gezwungen sind, neben dem Studium selbst Geld zu verdienen. Auch dadurch verlängert sich die Studienzeit.
3____________________________________________________________
Viele junge Leute machen vor ihrem Studium zunächst eine mehrjährige Berufsausbildung. Junge Männer müssen vor dem Studium ausserdem einen Wehr- oder Zivildienst absolvieren.
4____________________________________________________________
Deutsche Abiturienten sind im Durchschnitt bereits 20 Jahre alt, wenn sie die Schule verlassen. Dies hängt mit dem späten Einschulingsalter von sechs Jahren und der relativ langen Schulzeit von dreizehn Jahren zusammen.
Aufgabe 5. Was könnte getan werden, damit deutsche Hochschulabsolventen früher in das Berufsleben eintreten? Hier finden Sie einige Vorschläge. Welche Vorschläge finden Sie vernünftig? Begründen Sie Ihre Meinung.
Abschaffung der Wehrpflicht
Ausbau der Hochschulen
Bestrafung der Studenten, die zu lange studieren
Verbesserung der Studienbedingungen
Verkürzung der Schulzeit auf 12 Jahre
Einführung von Studiengebühren
Erhöhung der Ausbildungsbeihilfe
Frühere Einschulung der Kinder.